Skip to content
Kim Schang
Menu
  • Blog
  • Kolumne
  • Gesellschaft
  • Poems
  • Working Stuff
  • Impressum
Menu

“Es ist einfach, ein Arschloch zu sein.”

Posted on April 21, 2019April 23, 2019 by Kim

Vielleicht ist alles im Leben ein Prozess. Vielleicht geht es im Leben nicht um einzelne Gegebenheiten oder Befindlichkeiten. Sondern um das große Ganze. Vielleicht kommt es auf die Situationen an, die uns wachsen lassen. Die uns aus unserer „Comfort Zone“ vertreiben. Die uns nachdenken lassen; Entscheidungen abwägen; das Leben und bisherige Entschlüsse umzuschmeißen und neu zu beginnen.

Ich bin nicht mehr das Mädchen, welches vor fünf Jahren nach Berlin kam. Ich bin eine Frau, die es nicht scheut, für sich selbst einzustehen. Für das, was ihr wichtig ist. Für das, an was sie glaubt. Die sich nicht scheut, “Nein” zu sagen. Es ist so wichtig, eine Meinung zu haben. Seine Meinung zu vertreten. Und dafür einzustehen. Aber es ist so viel einfacher, wenn man nicht (mehr) parallel versucht, es jedem Recht zu machen. Denn das habe ich lange Zeit getan. Die Wünsche und Befindlichkeiten anderer Menschen über meine eigenen gestellt. Und das ist so falsch. Aber das konnte ich nur selber merken und einsehen. Und das war ein langer Weg.

Ich komme aus einem kleinen, friesischen Dorf an der Nordsee. Knapp 1000 Einwohner – die liebsten Menschen weit und breit. Und ich bin so stolz auf meine Herkunft, so wahnsinnig dankbar für meine Familie. Aber ich bin auch stolz, dass ich es raus geschafft habe. Dass ich es alleine in der “großen Stadt” geschafft habe. Ich bin stolz darauf, dass ich mir das, was ich jetzt in Berlin habe, alleine aufgebaut habe. Ich mochte die kleine Kim vom Dorf. Aber ich mag die erwachsene Frau aus der Stadt, die im Herzen immer noch das Kind vom Dorf geblieben ist und die gleichen Werte vertritt; die sich aber nicht scheut, Leuten zu sagen, dass sie sich ins Knie fi**en können, wenn sie Scheiße bauen, definitiv mehr. Weil sie stark ist. Und zu sich steht.

Alleinsein verleiht Stärke – weil man alleine klarkommen muss

Eines weiß ich ganz genau: Man könnte mich irgendwo auf der Welt aussetzen und komplett alleine lassen. Ich würde klarkommen. Ich kann mich einfach auf mich selber verlassen. Aber ich bin auch so erzogen worden. Mir wurde nie das Gefühl vermittelt, dass ich irgendwas nicht können oder schaffen würde. Eher im Gegenteil: Mir wurde beigebracht, dass ich alles erreichen kann, was ich mir in den Kopf setzen würde. Ich bin keine Frau, die gerettet werden muss. Ich bin die Frau, die den Mist schon irgendwie selber regeln wird.

Und diese Sicherheit gibt mir soviel. Sie macht mich so stark. So unkaputtbar. Und das kann mir kein Mann, kein Herzschmerz und keine Ablehnung der Welt jemals nehmen. Mir macht Einsamkeit einfach keine Angst. Im Gegenteil, ich brauche sie manchmal. Um nachzudenken. Um mein Leben und mein Verhalten besser reflektieren zu können.

Wenn ich im Leben eines gelernt habe, dann, dass ich mich auf mich verlassen kann. Dass ich alleine klar komme. Dass ich alles schaffen, überwinden und meistern kann, was mir das Leben in den Weg stellt. Solange ich gesund bleibe.

Und es ist einfach fantastisch – es ist einfach unfassbar fantastisch – welche Energien freigesetzt werden, wenn man den Mut zum Aufbruch hat. Wenn man den Mut hat, loszulassen, auszubrechen und aufzubrechen.

Seid kein Arschloch und schickt den verdammten Fahrstuhl wieder nach unten

Ich meine: Wisst ihr, warum ich da bin, wo ich jetzt bin? Weil ich nicht aufgegeben habe. Weil ich mutig war. Mutig bin. Jeden Tag wieder auf’s Neue. Und ja, es gab in meinem Leben nicht nur rosarote Zeiten. Im Gegenteil. Mir hat das Leben schon das ein oder andere Mal richtig auf die Schnauze gehauen. Aber genau die schlechten Zeiten prägen euch. Machen euch stark.

Mir hat jemand mal gesagt, dass er bei meinem Wesen nicht gedacht hatte, was ich schon durchmachen musste. Da ist mir klar geworden, dass es nicht darauf ankommt, was im Leben passiert, sondern wie man damit umgeht. Sicher, zu meckern, das Schicksal und das Leben zu verfluchen ist einfach. Zu Menschen scheiße zu sein, ist einfach. Ein Arschloch zu sein; ist einfach. Egoistisch zu sein; ist einfach. Ob nun im beruflichen oder privaten Bereich spielt keine Rolle. Ich treffe jeden Tag Arschlöcher. Ist nichts besonderes.

Aber mit Liebe und Mitgefühl durch’s Leben zu gehen, auch, wenn dieses Leben dir schon ein paar Mal die Fresse poliert hat, zeigt von wahrer Stärke. Und ehrlich gesagt will ich keine Menschen in meinem Leben, die mich nicht inspirieren, die nicht ehrlich, liebevoll oder nett sind. Einfach weitergehen bitte. Nicht den Eingang blockieren.

Dabei bin ich kein klassisches Glückskind. Ja, ich hatte gute Voraussetzungen wie eine liebende Familie und bin nicht auf den Kopf gefallen (kommt natürlich drauf an, wen ihr fragt); aber alles, was ich habe, habe ich mir hart erarbeitet. Und ich weiß, dass da unzählige Menschen an meiner Tür kratzen und nur allzu gerne meinen Platz einnehmen würden. Aber was es bedeutet, dahin gekommen zu sein, wo ich jetzt bin (die Jahre des Studierens; die Nebenjobs; die schlaflosen Nächte; die Überstunden; die unzähligen, unbezahlten Praktika), das sieht keiner.

Das ist aber so wichtig. Das ist doch alles nicht über Nacht passiert. Das hat mich alles Jahre gekostet. Und ich bin immer noch nicht am Ziel. Ich habe noch so viel vor – so viele Pläne und Träume. Aber ich glaube, nur, wer durchhält, sich durchbeißt und lernt, sich durchzusetzen, bekommt am Ende das, was er will. Zumindest beruflich gesehen. Davon bin ich überzeugt. Und wenn man schlussendlich da angekommen ist, wo man hinwollte, sollte man kein Arschloch sein und sein Wissen für sich behalten, sondern den verdammten Fahrstuhl wieder runterschicken, um die Nächsten nachzuholen. Es kann doch alles so einfach sein.

Die guten schlechten Zeiten, die euch prägen

Natürlich gab es auch in meinem Leben eine Zeit, in der ich mich und meine Träume fast aufgegeben hätte. Ich kam nach dem Master nach Berlin und war ein Jahr arbeitslos. Und das war schlimm für mich. Arbeitslos ist man einfach nicht dort, wo ich herkomme. Man ist es nicht. Ich fühlte mich wie ein richtiger Versager.

Was glaubt ihr, was das mit mir gemacht hat? Was das mit meiner Psyche und meinem Selbstbild gemacht hat? Ich wäre aus lauter Verzweiflung sogar fast in die PR-Branche gegangen, nur um endlich was machen zu können. PR ist aber streng genommen genau das Gegenteil von dem, was ich immer wollte: Journalistin sein.

Ich will aber nichts beschönigen; ich will nichts verkaufen. Ich will nichts besser darstellen, als es ist. Ich will echt sein. Glaubhaft. Ich will über Sachen schreiben; die weh tun. Weil sie wahr sind. Weil nichts perfekt ist. Auch nicht das vermeintliche, gelungene Leben von all den tollen Influencern, denen ihr auf Instagram folgt. Außerdem find ich diese vermeintliche Perfektion langweilig. Ich steh auf Narben, Umwege, Richtungswechsel und Neuanfänge. Weil ich mich ja selber ständig verändere und weiterentwickle.

Ich habe mich damals geweigert, aufzugeben. Ich habe mich geweigert, meine Träume und mich aufzugeben. Und das wurde am Ende belohnt. Und an die Nächte, in denen ich mich vor Zukunftsängsten und Sorgen in den Schlaf geweint habe, denke ich kaum noch. Aber immer, wenn ich vor einem Hindernis stehe oder mich scheinbar unüberbrückbare Differenzen einholen, projiziere ich mir diese Zeit vor mein inneres Auge.

Und wisst ihr, was das Absurde ist? Ich glaube, dass ich diese Zeit gebraucht habe. Ich glaube, ich wäre nicht der Mensch, der ich heute bin, wenn ich nach dem Master direkt den Job bekommen hätte, den ich mir gewünscht hätte.

Niederlagen gehören zum Leben dazu – es kommt nur darauf an, wie man damit umgeht

Ich glaube, dass wir alle persönliche Niederlagen und Verluste einstecken müssen, um wirklich gut zu werden. Um unser Leben und unsere Entscheidungen wirklich reflektieren zu können. Ohne den Regen gibt es eben keinen Regenbogen. Es klingt so blöd, aber es ist so wahr.

Und in der Retrospektive glaube ich, dass es richtig war. Dass dieser ganze Mist, der mir in meinem Leben bisher passiert ist, wichtig war. Für meine persönliche Entwicklung. Und trotzdem bin ich kein Arschloch geworden. Weil es nicht darum geht, was uns passiert, sondern wie wir damit umgehen. 

Und wenn ich jetzt von Berlin in mein kleines Dorf an der Nordsee fahre, Papa mich vom Bahnhof abholt und wir die kleinen Landstraßen zu unserem Haus fahren, fühlt es sich an, als hätte sich nichts verändert. Außer ich. Denn ich hab mich verändert. Ich fühle mich so stark, wie nie zuvor in meinem Leben. 

Aber die Liebe und Dankbarkeit für meine Herkunft und die Menschen, die dort leben und mich geprägt haben, wird immer bleiben.

2 thoughts on ““Es ist einfach, ein Arschloch zu sein.””

  1. Birgit Schang sagt:
    April 24, 2019 um 14:52 Uhr

    Tolle Kolumne. Soo ehrlich. Finde einfach toll, was du erreicht hast. Mach weiter so.
    Du bist mutig.
    Muss zugeben, wäre ich gerne gewesen. Habe mich aber nie getraut alleine in die Welt hinaus zu gehen.
    RESPEKT
    Wünsche dir für deine Zukunft das Allerbeste. Du schaffst das bestimmt.
    Drück dich
    Birgit

    Antworten
    1. Kim sagt:
      April 26, 2019 um 14:07 Uhr

      Vielen lieben Dank für deine Worte Birgit. Das bedeutet mir wirklich viel. Fühl dich feste gedrückt <3

      Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Kim Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hi, ich bin Kim!

Ich bin Journalistin und Kolumnistin. Ursprünglich komme ich von der Küste, aber nach Stationen in Hamburg, Palma und New York hat es mich vor fünf Jahren nach Berlin verschlagen. Dort bin ich immer noch nicht als Model entdeckt worden und kämpfe mich deswegen mit einer Flasche Wein und einer guten Portion Humor durch’s Leben. Ich arbeite als Online- und Social Media-Redakteurin bei ENERGY und liebe Süßigkeiten, das Meer, einen pink gefärbten Himmel, meine Freunde und das Leben.

Falls ihr mit mir zusammenarbeiten wollt oder Fragen habt, immer her damit: k.schang@web.de

Seid nett zueinander!

Folgen Sie auf Instagram
© 2025 Kim Schang | Powered by Superbs Personal Blog theme