Skip to content
Kim Schang
Menu
  • Blog
  • Kolumne
  • Gesellschaft
  • Poems
  • Working Stuff
  • Impressum
Menu
© Julia Boldt Fotografie

Du bist einfach viel zu naiv

Posted on April 4, 2020Oktober 16, 2020 by Kim

Als ich ungefähr elf Jahre alt war, wurde mir von einem Jungen aus der Oberstufe Prügel angedroht, weil ich mich vor ein Kind gestellt habe, welches von ihm gemobbt wurde.

„Überleg’ dir gut, auf welcher Seite du stehen willst,“ hat er damals zu mir gesagt. Worte, die sich fest in mein Gedächtnis gebrannt haben. Worte, die ich auch nach 23 Jahren noch genau wiedergeben kann. Es ist fast absurd, wenn man bedenkt, dass diese Worte aus dem Mund eines Polizistensohnes kamen. Dass diese Worte von jemanden kamen, zu dem ich irgendwie aufgesehen habe. Wenn man aus einem kleinen Dorf kommt, in dem jeder jeden kennt, hält man sich schließlich an gesellschaftliche Ordnungen. Man denkt, dass diese Leute (Polizisten, Ärzte, Lehrer) doch genau wissen – dass gerade diese Leute wissen müssen – was richtig oder falsch ist. Aber in diesem Moment im Schulbus – hat sich keiner zu mir und dem Jungen gestellt.

Ich dachte dabei immer, dass richtig oder falsch für alle Menschen gleich sein müsste

Dass richtig oder falsch ganz klar voneinander entschieden werden kann. Dass jeder tief in sich drinnen doch eigentlich wissen müsse, was moralisch und ethisch korrekt ist. Aber Menschen haben eben unterschiedliche Wahrnehmungen. Und daher eben auch unterschiedliche Realitäten.

Ich glaube aber auch, dass das zum Leben dazu gehört. Dass man lernen muss, dass nicht jeder loyal ist. Dass nicht jeder Mensch, dem man vertraut, dieses Vertrauen auch verdient. Ich glaube, dass jeder im Leben ein paar Mal verlieren muss, um zu sich selbst zu finden. Dass jeder ein paar Mal richtig auf die Schnauze fliegen muss, um zu merken, was wirklich wichtig ist. Um zu merken, wer man ist und wer man vor allem sein möchte. Und vor allem, um zu lernen, welches Verhalten man akzeptieren und tolerieren kann – und welches eben nicht.

Ich glaube, dass man von geliebten Menschen enttäuscht werden muss, um zu lernen, Grenzen zu setzen. Um zu lernen, für sich selber – und andere – einzustehen. Ich glaube tatsächlich, dass man ein paar Mal am Boden gelegen haben muss, um wirkliche Größe zu entwickeln. Ich glaube, dass man manchmal so schlimm weinen muss, dass man keine Luft mehr bekommt, weil Dinge passieren, die das ganze Weltbild erschüttern, um schlussendlich wirklich daran wachsen zu können.

Das bedeutet aber nicht, dass man aufhören sollte, gutgläubig oder gar freundlich zu sein. Aber es bedeutet, dass man vermutlich absolut kompromisslos sein sollte, wenn man respektlos behandelt oder das Vertrauen ausgenutzt und missbraucht wird.

Ich komme dabei nicht umhin, mich zu fragen: Wofür das alles? Ich meine, “gut” sein zu wollen. Ein “guter Mensch” zu sein. Wenn man eigentlich eh nur ausgenutzt wird. Aber wisst ihr was? Wisst ihr, wofür wir das machen sollten? Damit wir in den Spiegel schauen können. Damit wir abends ruhig schlafen können. Ohne das Wissen, andere Mitmenschen verarscht oder getäuscht zu haben. Ich meine, vielleicht ist es nicht das Klügste, zu versuchen, das Richtige zu tun. Versuchen – in der heutigen Zeit, wo irgendwie jeder auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist – gut zu sein. Aber ehrlich gesagt ist es das Einzige, was ich sicher immer wollte. Mein ganzes Weltbild ist darauf ausgelegt: Zu versuchen, ein guter Mensch zu sein. Ethisch und moralisch korrekt zu handeln. Auch auf die Gefahr hin, manchmal selber auf der Strecke zu bleiben. Aber mit der Zeit lernt man, damit zu leben. Damit irgendwie besser umzugehen. Und vor allem auch mal “Nein” zu sagen. Dinge besser zu reflektieren. Für sich selber einzustehen. Und alte Verhaltensmuster zu akzeptieren und zu durchbrechen. Und wenn ich heute mal “Nein” zu etwas sage oder Menschen ohne Vorwarnung aus meinem Leben werfe, hat mich das Jahre gekostet, um es zu lernen.

„Bei der musst du aufpassen, die tut nur so nett…“

Diese Worte treffen mich. Sie treffen mich da, wo ich (vielleicht sogar) am Verletzlichsten bin. Ich verstehe nicht, warum es einigen Menschen Genugtuung gibt, wenn sie über andere Menschen herziehen. Wenn sie über Menschen lästern, die sie überhaupt nicht richtig kennen. Sich ein Bild in ihrem Kopf zurechtspinnen, wie eine Person zu sein hat, weil es ihnen dann eine Art Zufriedenheit gibt, sich nicht mit ihrem eigenen Leben, ihren Problemen oder Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen.

„Sie kann dich nicht leiden, weil du immer so positiv mit allem umgehst und liebevoll mit den anderen bist,“ sagt er mir direkt ins Gesicht. Oh man, ich bin echt ein richtiges Arschloch. Warum bin ich bloß kein negativer Energievampir, der andauernd alles und jeden scheiße findet. Mein Fehler.

Am liebsten würde ich diesen Menschen meine Meinung ins Gesicht schreien. Ich bin es nämlich einfach leid – und ich habe es so satt – immer auf alles und jeden Rücksicht zu nehmen. Meine eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen. Für alles und jeden Verständnis zu haben. Ich weiß, dass nicht alles schwarz und weiß ist. Aber das bedeutet eben auch nicht, dass man sich wie ein rücksichtsloses Arschloch benehmen kann (Anmerkung der Redaktion).

Ich würde tatsächlich von mir behaupten, einer der verständnisvollsten Menschen der Welt zu sein: Ich weiß, dass Dinge, Vorstellungen und Meinungen sich ändern. Deswegen ist es so hart, belogen oder hintergangen zu werde. Weil es dafür absolut keinen Grund gibt. Aber rücksichtsloses Verhalten – aus Angst vor der eigenen Courage auf Kosten anderer – kann ich nicht tolerieren. Das ist wahnsinnig egoistisch. Auf ‘ne Art narzisstisch. Und vor allem unethisch. Ich frage mich echt, wie der moralische Kompass von einigen Mitmenschen derart ausschlagen kann.

Dabei ist es leider so… oder auch: “The Ugly Truth”

Es wird in deinem Leben schmerzhafte Momente geben, die deine ganze Welt innerhalb weniger Minuten auf den Kopf stellen. Diese Momente werden dich verändern. Und das musst du zulassen. Aushalten. Es irgendwie durchstehen. Denn genau diese Momente werden dich auch stärker, klüger und weiser machen. Das bedeutet natürlich nicht, dass dich diese Momente weniger verletzen, aber man lernt mit der Zeit, besser mit ihnen umzugehen.

Tu’ mir bitte dabei jedoch einen Gefallen: Lass’ dich von dem Schmerz nicht lähmen – oder gar verändern. Werde bitte nicht wie jemand, der dich verletzt hat. Vergleiche “Gleiches nicht mit Gleichem”. Denn, wenn wir mal ehrlich sind: Dann wärst du nicht besser.

Es gibt da draußen ziemlich viele Menschen, dir dir ins Gesicht lächeln und die hintenrum über dich herziehen. Die dir ins Gesicht das eine sagen, und hinter deinem Rücken dann das andere machen. Das weiß ich. Und besser noch: Ich weiß ziemlich genau, welche Menschen in meinem Leben so sind. Ob ich nun etwas dazu sage oder jeweiliges Verhalten beobachte und die Person “fake” sein lasse, ist meistens nur eine Frage der Zeit.

Dabei ist es ganz einfache Psychologie: Wenn man mit sich selber unzufrieden und unsicher als Person ist, zielt man es eben auf die Menschen ab, die oberflächlich gesehen mit sich im Reinen sind. “Gieß kein Feuer in’s Öl, lass sie reden. Du musst da drüber stehen,” dieser Spruch ist zwar richtig. Aber auch frustrierend. Weil es sich irgendwie grob fahrlässig anfühlt, dass da draußen Leute rumlaufen, die sich die Wahrheit so gestalten, wie sie ihnen in den Kram passt.

Aber warum verhalten Menschen sich so? Aus eigener Unsicherheit heraus. Weil sie mit sich selber oder einem Teil ihres Lebens nicht zufrieden sind – und sie vermutlich genau diesen “Makel” auf dich projizieren. So einfach ist das.

Aber nun gut: Ich lass’ sie reden. Ich kann es eh nicht ändern. Ich weiss, dass es Menschen gibt, die sehen wollen, dass ich scheitere. Dass ich richtig hart – am besten noch öffentlich – auf die Schnauze falle. Die nur auf den Moment warten, dass ich versage. Aber wenn du an dieser Stelle meinen Rat haben willst: Lass’ sie. Lass’ sie in Ruhe. Verschwende keine Energien mit ihnen. Wichtig ist nur, dass du diese Menschen erkennst – früher oder später.

Wer wirklich zufrieden und glücklich mit sich selber ist, muss andere nicht schlecht machen, um sich selber gut zu fühlen.

Oder andere belügen, weil man Angst vor der Wahrheit hat. Man muss es nicht. So einfach ist das. Deswegen versuche ich es jetzt so zu sehen: Als Kompliment. Wenn mir also jemand auf der einen Seite ins Gesicht lächelt, aber über mich herzieht, sobald ich den Raum verlasse, weiß ich genau, wo ich diese Person hinzustellen habe. Hinter mich.

Wenn man es nötig hat: Bitteschön. Deswegen versaue ich mir aber nicht das Karma, indem ich das Gleiche mache. Versuche also bitte erst gar nicht, es ihnen gleichzutun. Verschwinde aus ihrem Leben und mach das beste aus deinem eigenen. Versperre ihnen den Zugang zu dir. Denn das ist schlussendlich doch die beste Revanche.

“What Nancy tells about Sarah tells more about Nancy than Sarah”. Und danach lebe ich. Wer also zukünftig hinter meinem Rücken über mich lästern will: Nur zu. Lästert, was das Zeug hält. Denkt halt nur nicht, ich wisse nicht Bescheid.

Und wenn ihr schon dabei seid: Tut mir doch bitte einen kleinen Gefallen. Werft beim “Hinterm Rücken Lästern” wenigstens einen kurzen Blick auf meinen Arsch – denn der sieht von hinten einfach fabelhaft aus.

Key Visual
© Julia Boldt Fotografie ( https://juliaboldt.de/)

2 thoughts on “Du bist einfach viel zu naiv”

  1. Jörg Santel sagt:
    April 7, 2020 um 0:45 Uhr

    Hallo Kim! Gerne lasse ich dir einen kleinen Kommentar zu deinem Blog da. Wie selbstverständlich gibst du deine Gefühle und Gedanken preis. Das ist so herrlich erfrischend, weil alle Menschen in Social Media ansonsten nur damit beschäftigt sind ihre Fassade auf Hochglanz zu polieren. Und da kommst du und sagst ganz offen deine ehrliche, menschliche Meinung. Du ergreifst Partei für Rücksichtnahme, Freundlichkeit und Ehrlichkeit. Der krasse Gegensatz zu dem was einem heute mit der Muttermilch eingetrichtert wird… nur der Starke überlebt… wer bremst verliert… sei cool, zeig bloß keine Gefühle… Danke für diesen kleinen Silberstreif der Hoffnung am Himmel des gesellschaftlichen Zusammenlebens… Bleib so wie du bist!
    Alles Liebe und Gute, Jörg

    Antworten
    1. Kim sagt:
      Oktober 16, 2020 um 10:38 Uhr

      Wow, lieben Dank für deine Worte Jörg! Bedeutet mir wirklich sehr viel! <3 Hier jetzt auch noch einmal öffentlich 🙂
      Liebe Grüße
      Kim

      Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Jörg Santel Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hi, ich bin Kim!

Ich bin Journalistin und Kolumnistin. Ursprünglich komme ich von der Küste, aber nach Stationen in Hamburg, Palma und New York hat es mich vor fünf Jahren nach Berlin verschlagen. Dort bin ich immer noch nicht als Model entdeckt worden und kämpfe mich deswegen mit einer Flasche Wein und einer guten Portion Humor durch’s Leben. Ich arbeite als Online- und Social Media-Redakteurin bei ENERGY und liebe Süßigkeiten, das Meer, einen pink gefärbten Himmel, meine Freunde und das Leben.

Falls ihr mit mir zusammenarbeiten wollt oder Fragen habt, immer her damit: k.schang@web.de

Seid nett zueinander!

Folgen Sie auf Instagram
© 2025 Kim Schang | Powered by Superbs Personal Blog theme