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Kim Schang
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Ganz alleine hier?

Posted on April 7, 2019April 7, 2019 by Kim

„Sind Sie etwa ganz alleine hier,“ fragt mich der italienische Kellner und sieht mich mit großen Augen an. „Ja!“, strahle ich zurück. Es ist Anfang April, ich sitze in einem kleinen Straßencafé in Catania, Sizilien und lasse mir die ersten, richtig warmen Sonnenstrahlen des Frühlings auf den Kopf scheinen. Ich trage mein neues, rotes Sommerkleid, dazu eine Jeansjacke, habe einen Stapel Bücher und meinen Laptop dabei. „Prego Signora, dann machen wir es Ihnen jetzt richtig schön!“, lächelt er zurück und bringt mir den gewünschten Aperol.

Alleine. Ich meine, wir sind doch alle irgendwie ständig alleine. Mit uns, unseren Gedanken. Unseren Wünschen und Vorstellungen. In unserem Kopf formen wir die Worte, bevor wir sie aussprechen. Aber wenn wir uns wohlfühlen – mit uns und unseren Gedanken alleine zu sein – macht uns das stark. Ich meine, es gibt so viele Menschen da draußen, die brauchen Ablenkung und ständig jemanden um sich herum. Da bleibt die Frage offen, ob die Person, mit der sie ihre Zeit verbringen, nicht vielleicht nur zufällig gewählt wurde. Eben, was es bequem ist. Einfach. Man sich so nicht mit sich selber auseinandersetzen muss.

Ich bin ja dafür, dass jeder mal ein paar Tage, Wochen oder sogar Monate mit sich alleine verbringen sollte. Und da reicht es für den Anfang ja auch schon, am Wochenende eben nicht in den Club zu gehen, sondern mal einen Abend ohne Internet und Netflix zu verbringen. 
Ich kann an dieser Stelle wirklich jedem nur empfehlen, mal alleine zu verreisen. Man lernt so viel über sich und seine eigenen Vorlieben kennen. Aber verarscht euch dabei bitte nicht selber und fahrt irgendwo hin, wo ihr noch nie wart. Wo ihr euch nicht auskennt. Wo ihr gezwungen seid, mit den Menschen zu reden. Nach dem Weg zu fragen, irgendwie mit dem lokalen Bus vom Flughafen zur Unterkunft zu kommen und mit den Menschen vor Ort Gespräche führen. 
Auch, wenn ihr die Sprache nicht kennt. Vor allem, wenn ihr die Sprache nicht kennt. Sich mit Händen und Füßen zu verständigen macht wirklich viel Spaß, das darf man echt nicht unterschätzen.

„Aber hast du keine Angst, so alleine zu verreisen?!“

Das fragte mich eine Freundin im Vorfeld der Reise. Angst. Generell ein schlechter Berater. Weil Angst lähmt. Und ich will mutig sein. Wollte ich immer. Bin alleine nach Los Angeles, New York, Spanien und Italien – obwohl ich nicht wusste, was mich dort erwartet. Ob ich liebe Leute kennenlerne, ob ich mich wohl fühle oder nicht. Aber was soll denn schon groß passieren? Selbst, wenn der Trip blöd wird, nimmt man davon wieder was mit. Für sich selber. Für das eigene Selbstvertrauen. Man lernt, was man will und viel wichtiger – was man nicht will. Aber man lernt vor allem auch, dass man sich auf sich selber verlassen kann. Dass man alleine nicht untergeht. Dass man alles schafft, alle Hürden überwinden kann – wenn man es denn will.
Und wovor soll ich denn jetzt eigentlich genau Angst haben? Ich geh doch auch alleine durch Berlin. Weil ich mich hier im fremden Land nicht auskenne? Ich kenne mich in Marzahn doch auch nicht aus. Oder in anderen deutschen Städten oder Stadtteilen. Und trotzdem schau ich mir sie an.

Ich glaube, dass wir alle etwas mutiger sein könnten. Abenteuer finden eben meistens nicht in der Heimat hinter der nächsten Straßenecke statt oder zu Hause auf der Couch. Dafür muss man schon auf die Welt zugehen. Sie mit offenen Armen empfangen und vor allem empfänglich für die Momente sein, die das Leben verändern können. Natürlich sollte man dabei nicht naiv agieren; aber die Menschen da draußen sind netter, als wir denken. Netter, als diverse Medien sie mitunter darstellen möchten. Ich weiß nicht, wo dieser Hass für andere Personen und Kulturkreise herkommt. Aber ich weiß, dass er falsch ist. 

Vielleicht mag das für den ein oder anderen jetzt naiv klingen, das mag sein. Aber wisst ihr was? Das ist mir egal. Eben, weil ich weiß, wer ich bin, was ich will und zu wem oder was ich stehe. Auch so ein Vorteil dessen, was man herausfindet, wenn man sich mit sich selber beschäftigt und selbst in die kleinste und tiefste Stelle in sich hineinhört.

Ihr müsst da rausgehen, neue Leute und Kulturen kennenlernen und euer Leben leben. Das wird euch nämlich niemand abnehmen. Macht Dinge, die euch im ersten Augenblick einschüchtern und vertraut auf euch. Ihr werdet überrascht davon sein, was ihr alles erreichen könnt und zu was ihr in der Lage seid.

Ihr müsst einfach Vertrauen haben. In euch und andere. Denn: Liebevolle Gesten finden sich in den kleinsten Momenten. Die Frau, die anhält, weil ich mich verlaufen habe und die mir den Weg erklärt, obwohl hinter ihr die Autos hupen; die Vermieterin vom Apartment, die mir landestypische Süßigkeiten vorbeibringt und mich abends fragt, ob es mir gut geht und ich etwas brauche; der Kellner, der meinen Tisch etwas in den Schatten schiebt, damit ich am Laptop besser arbeiten kann. Oder der Einheimische, der sich lachend bückt, damit er nicht durch mein Foto rennt. 

Diese kleinen Gesten sind es, die uns zeigen, dass die Menschen um uns herum gut sind. Dass die Menschen um uns herum unsere Bedürfnisse wahrnehmen. Was ist denn eigentlich so schlimm daran, die Leute anzulächeln die euch entgegenkommen? Probiert es einfach aus, ihr könntet positiv überrascht werden.

Es sind einfach die kleinen Gesten, die wir nur erkennen müssen – obwohl wir meistens zu blind dafür sind. Zu sehr gefangen im Alltag, beschäftigt mit unseren Problemen und eigenen Unsicherheiten. Aber wenn man die Augen öffnet, merkt man, dass wir in einer wunderschönen Welt leben. Wir müssen es nur zulassen.

Ich meine, die Zeit, die wir haben, ist ein Witz in Anbetracht der Tatsache, dass das Universum unendlich ist. Es gab bereits Milliarden Menschen vor uns und es wird auch wieder Milliarden Menschen nach uns geben.

Was am Ende bleibt? Das sind die Erinnerungen in unserem Kopf; die Geschichten, die wir erzählen können und die Liebe, die wir gegeben haben.

Und wenn ihr an dieser Stelle jetzt meinen Rat haben wollt: Macht ‘ne gute Story draus. 

8 thoughts on “Ganz alleine hier?”

  1. Maggie Held sagt:
    April 7, 2019 um 12:15 Uhr

    Wieder sehr schön geschrieben. Ich wünsche dir viele schöne Momente, bleib mutig …..das Leben ist so spannend!!
    Ich musste immer an ” vorderer Front kämpfen” durch Gerdis Auslandsverwendungen. Es war nicht immer leicht, aber immer spannend und als Schule des Lebens sehr hilfreich.
    Ich drück Dich!!

    Antworten
    1. Kim sagt:
      April 7, 2019 um 12:56 Uhr

      Danke dir Maggie! Das denke ich auch. Und aus jeder Herausforderung lernt man wieder was. Fühl dich feste gedrückt <3

      Antworten
  2. Yana sagt:
    April 7, 2019 um 18:45 Uhr

    Ach, Kim, wir sind uns wie so oft einig. Alleine Urlaub, alleine in die Sauna gehen, alleine ein Wochenende zuhause verbringen,… Tut so gut, macht so stark, bringt so näher zur eigenen Mitte.
    Lass es dir gut gehen und fühl dich gedrückt!

    Antworten
    1. Kim sagt:
      April 7, 2019 um 19:52 Uhr

      “Tut so gut, macht so stark, bringt so näher zur eigenen Mitte.” <3 Besser kann ich es nicht ausdrücken. Fühl dich feste umarmt :*

      Antworten
  3. Meike sagt:
    April 9, 2019 um 8:58 Uhr

    Sehr gut meine Liebe!
    Und dazu die Gewissheit, dass man niemals alleingelassen ist, weil Freunde und Familie uns im Herzen tragen! <3

    Antworten
    1. Kim sagt:
      April 9, 2019 um 9:44 Uhr

      Immer <3

      Antworten
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Hi, ich bin Kim!

Ich bin Journalistin und Kolumnistin. Ursprünglich komme ich von der Küste, aber nach Stationen in Hamburg, Palma und New York hat es mich vor fünf Jahren nach Berlin verschlagen. Dort bin ich immer noch nicht als Model entdeckt worden und kämpfe mich deswegen mit einer Flasche Wein und einer guten Portion Humor durch’s Leben. Ich arbeite als Online- und Social Media-Redakteurin bei ENERGY und liebe Süßigkeiten, das Meer, einen pink gefärbten Himmel, meine Freunde und das Leben.

Falls ihr mit mir zusammenarbeiten wollt oder Fragen habt, immer her damit: k.schang@web.de

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