Jeder kennt das Märchen der verwunschenen Prinzessin, die sich in irgendeiner Art und Weise in Schwierigkeiten bringt. Bis der holde Ritter in strahlender Rüstung auftaucht und sie aus ihrem vermeintlichen Leid befreit. Kinderbücher, Filme und Hörspiele sind schließlich voll davon.
Ich bin selber mit Aschenputtel, Schneewittchen oder Aladdin groß geworden und stelle bei allen Märchen einen fundamental wichtigen Fakt fest: Alle Prinzessinnen haben eines gemeinsam. Sie werden gerettet.
Da wir mit diesen Geschichten aufwachsen und dadurch auch in irgendeiner Art sozialisiert werden, komme ich nicht umhin, mich Folgendes zu fragen: Steckt hinter jeder selbstbewussten, unabhängigen, jungen Frau eigentlich insgeheim nur ein Mädchen, das darauf hofft, gerettet zu werden? Das darauf hofft, dass Prince Charming endlich auftaucht und ihr den rechten Weg zeigt?
Ich bin mir da ehrlich gesagt nicht so sicher. Ja klar, ich kenne Frauen, die sich unbeholfen oder fast dümmlich anstellen, um das Objekt ihrer Begierde zu ergattern. Ist mir aber nichts. Der Typ muss damit klarkommen, dass ich mein Leben selber in der Hand habe. Ich persönlich finde es auch viel schöner, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen. Das bedeutet ja auch nicht, das man nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen oder zurückzustecken.
Bei vielen Dingen denke ich mir ehrlich gesagt auch einfach: “Von mir aus. Du hast Recht. Und ich hab meine Ruhe”. Oftmals stehen vermeintlich dusselige Diskussionen – zum Beispiel wie der Abwasch zu machen ist – eben nicht im Verhältnis zu meinem inneren Seelenfrieden. Ich kann da ganz gut – und vor allem natürlich großzügig – nachgeben. Aber das sieht natürlich auch jeder anders. Und das ist auch vollkommen okay.
Aber was passiert denn mit all den Frauen, die augenscheinlich nur darauf warten, dass ein Mann daherkommt um ihnen einen Ring an den Finger zu stecken? Sind die eigentlich glücklich? Ich meine, so wirklich richtig glücklich mit sich selbst und ihrem Leben ? Das bezweifle ich ehrlich gesagt. Wenn man sich aber alleine in seiner Haut und seinem Leben nicht vollständig fühlt, sollte man meiner Meinung nach keine Beziehung eingehen. Man kann schließlich von niemandem erwarten, dass er einen glücklich macht, wenn man selber nicht in der Lage dazu ist. Versteht ihr, was ich meine?
Ich meine, was hätte Schneewittchen denn gemacht, wenn der Prinz nicht aufgetaucht wäre? Hätte sie für immer in diesem Glaskasten geschlafen? Oder wäre sie irgendwann aufgewacht, hätte sich eine Wohnung und eine Haftpflichtversicherung angeschafft und ihr Leben selbst in die Hand genommen?
Ich glaube, dass man sich manchmal einfach selber retten muss.
Am Ende des Tages muss das aber auch natürlich jeder für sich selber entscheiden. Aber aus irgendeinem Grund wissen alle irgendwie immer besser, was das Richtige für einen ist. Ich kann mich davon auch nicht freimachen. Meine treuesten Gefährten scheinen nämlich alle zu wissen, wer oder was das Beste für mich ist. Und ich mache ihnen daraus auch keinen Vorwurf. Ich freue mich ja, dass sie das vermeintlich Beste für mich wollen. Aber wie sollen sie denn eine Ahnung haben – wenn ich mir selber nicht sicher bin.
Um es an dieser Stelle mit Selena Gomez’ Worten zu sagen: “Das Herz will, was das Herz will.” Ich meine… Ich weiß doch auch nicht, was schlussendlich das Richtige ist. Ich weiß nicht, wo ich zum Beispiel Ende des Jahres stehen werde. Aber ich weiß, dass ich aus meinen Entscheidungen Rückschlüsse ziehe. Aus ihnen lerne. Und ich weiß, dass ich meine Wahl immer aus dem Herzen treffe.
Mein Leben. Mein Herz. Mein Weg.
Ich nehme zwar grundsätzlich mein Hirn mit, aber prinzipiell treffe ich alle wichtigen Entscheidungen meines Lebens aus Liebe – und aus dem Bauch heraus. Und nicht aus Vernunftsgründen. Und bisher bin ich damit immer gut gefahren. Selbst die schlechten Erfahrungen sind am Ende des Tages für etwas gut. Das mag für den einen oder anderen naiv erscheinen. Oder unvernünftig. Und das ist auch in Ordnung. Denn es ist schließlich mein Weg – und nicht ihrer.
Und wenn ich am Ende des Tages die Entscheidung treffen muss, ob ich mehr lieben und dafür auch die Gefahr eingehe, mehr verletzt zu werden, ist das für mich ein fairer Preis. Denn ich fühle lieber mehr.
Ich glaube ehrlich gesagt, dass sich am Ende des Tages jeder die Frage stellen muss, ob er lieber mehr lieben und dadurch auch mehr Potenzial besitzen möchte, verletzt zu werden; oder ob er eben weniger Schmerz zulassen und dadurch auch weniger Liebe reinlassen möchte.
Aber falls ihr euch jemals in der Situation wiederfinden solltet, in der ihr euch zwischen einem sicheren Leben mit Besitztümern oder einem wilden Leben in Freiheit voller Liebe und Leidenschaft entscheiden müsst, hoffe ich, dass ihr euch immer für die Liebe entscheidet.
Das mag vielleicht nicht logisch sein. Aber Entscheidungen aus Liebe sind immer die richtigen. Das sind schlussendlich auch die Entschlüsse, die man in ein paar Jahren nicht hinterfragt, bereut oder verflucht.
Aber bis es soweit ist: lebt. Und liebt.
Man muss nicht auf alles eine Antwort haben. Man muss nicht immer alles wissen. Viele Kapitel meines Lebens haben bisher keinen Titel. Und das ist okay.
Denn wenn nichts sicher ist, ist alles möglich.